Das Hospiz Kieler Förde feiert 20-jähriges Bestehen – Drei Frauen haben das Projekt verwirklicht

Von Petra Krause-KN

Kiel.

Es waren einmal drei Frauen: Bärbel Eilenstein, Lieselotte Lohmann und Herta Elisabeth Erich. Sie kannten sich aus dem Seniorenbeirat und hatten 1997 eine gemeinsame Vision: ein Hospiz für Kiel. Denn durch ihre Erfahrungen in Altenheimen wussten sie, dass das Personal dort nicht für den Umgang mit Sterbenden ausgebildet war und der ambulante Hospizdienst damals kaum in die Heime kam.

Obwohl Lieselotte Lohmann eine Erbschaft von 500.000 Mark zur Verfügung stellte, sollte es noch acht Jahre dauern, bis die ersten zehn Plätze zur Verfügung standen. Somit feiert das Hospiz nun sein 20-jähriges Bestehen.

„Es gab viele Vorurteile gegenüber den grauhaarigen Frauen, und sie mussten viele Klinken putzen“, erzählt Justina Maiworm. Die Sozialpädagogin ist wie Pflegedienstleiterin und Geschäftsführerin Annika Weerts von Anfang an dabei. Beide kennen den steinigen Weg der drei Frauen, von denen heute nur noch eine lebt. „Wenn man das alles vorher gewusst hätte, hätte man es nicht mitgemacht“, hat Bärbel Eilenstein ihr erzählt.

Mit der obersten Etage des Pflegeheims der DRK-Anschar-Schwesternschaft im Kronshagener Weg war ab Januar 2005 der erste Schritt getan – zunächst mit zehn Betten, ein halbes Jahr später mit weiteren sechs Betten. „Damit war die maximale Größe erreicht, die ein Hospiz in Deutschland haben darf, um eine Einrichtung mit familiärem Charakter zu bleiben“, sagt Weerts.

Ziel war aber immer ein Solitärbau. Bis zur Eröffnung des Neubaus am Radewisch 90 im Jahr 2012 sollten noch sieben kämpferische Jahre vergehen. Ursprünglich sollte das Hospiz zentraler liegen und nicht in Neumeimersdorf. 26 Grundstücke wurden geprüft – immer wieder gab es Widerstände. Niemand wollte den Tod vor der Haustür haben. So ging es auch darum, „das Thema Tod und Sterben in die Gesellschaft zu tragen“, sagt Weerts.

Weitere Spenden wurden gesammelt und Kredite aufgenommen, bis die Bausumme von 4,2 Millionen Euro zusammenkam. „Beim Bau durften wir viel mitbestimmen“, sagt Weerts und erinnert sich daran, wie sie Betten durch das Gebäude schob, um Hindernisse auszumachen. So hat zum Beispiel jedes Gästezimmer eine Terrasse davor, die mit dem Bett befahren werden kann.

Das Leitmotiv ist und war „Leben bis zuletzt“. Das bedeutet, den schwerkranken und sterbenden Menschen mit all seinen Bedürfnissen in den Mittelpunkt zu stellen und ihm ein Leben in Würde bis zuletzt zu ermöglichen. Selbstbestimmung steht dabei im Vordergrund. Weerts und Maiworm sprechen auch nicht von Patienten, sondern von Gästen, die einen „überschaubaren Lebensabschnitt“ bei ihnen verbringen. Das Team versteht sich als Vertreter der Gäste. Eine oft schwierige Aufgabe. Denn manche Gäste zeigten auch „herausforderndes Verhalten“, sagt Maiworm. Dennoch stehe eine vorurteilsfreie Begegnung immer an erster Stelle. „Wir nehmen jeden so, wie er ist“, sagt Weerts. Die Toleranz des Teams macht sie stolz.

Statistisch gesehen, beträgt die Verweildauer 21 Tage oder auch zwischen zwei Minuten und einigen Monaten. Drei bis fünf Prozent werden wieder entlassen, manchmal auch wieder aufgenommen. Doch über Statistiken reden die beiden nicht gerne. Lieber erzählen sie, wie viel sie von ihren Gästen gelernt haben und dass ein Hospiz nicht nur ein Ort der Trauer, sondern auch der Freude ist. „Es wird auch viel gelacht“, sagt Weerts. „Es ist eine unglaublich intensive, wenn auch kurze Zeit, in der man viel aus dem Leben der Gäste erfährt“, ergänzt Maiworm. Manche tragen viel Wut in sich, andere viel Trauer. „Aber fast alle kommen mit viel Hoffnung, die bis zum letzten Atemzug bleibt.“

Meist hat das Hospiz mehr Anfragen. „Es ist leider nicht immer ein Platz da, wenn man als Familie einen braucht. Aber wir haben auch nicht generell zu wenige Plätze“, sagt Maiworm. Dabei ist die Zahl der Hospize in Schleswig-Holstein in den vergangenen 20 Jahren von sechs auf 13 gestiegen. Zwei weitere sind im Bau.

Der gesellschaftliche Wandel habe auch vor den Türen der Hospize nicht Halt gemacht. Die Erwartungen sind gestiegen. „Vor allem in der Corona-Zeit wurde viel auf uns abgeladen“, sagt Maiworm. Damit meint sie die Ansprüche und das Aggressionspotenzial der Besucher. „Davon habe ich Alpträume bekommen.“ Auch der medizinische Fortschritt wirkt sich aus. Die Zeiten, in denen die Gäste pflegebedürftig sind, hätten sich durch veränderte Behandlungsmethoden oder Therapien verlängert. „Man lebt länger mit Defiziten.“ Positiv sei, dass die Zusammenarbeit mit den Kassen deutlich unkomplizierter geworden sei. „Das Hospiz hat sich etabliert.“

Oft werden beide gefragt, wie sie die ständige Konfrontation mit dem Tod aushalten. „Man sieht die eigenen Wehwehchen und Bedürfnisse in einem anderen Licht“, sagt Maiworm. Annika Weerts empfindet den Umgang mit den Sterbenden „definitiv als Bereicherung“. „Ich sehe es nicht als Elend, sondern als intensive, berührende Erfahrung, die alles wettmacht. Es hat mein Leben auf jeden Fall bereichert“, sagt Weerts. Der Satz eines Gastes ist ihr besonders in Erinnerung geblieben und bestärkt sie in ihrer Arbeit: „Wenn ich gewusst hätte, dass Sterben so schön sein kann, wäre ich früher gekommen.“

Es ist eine unglaublich intensive, wenn auch kurze Zeit, in der man viel aus dem Leben der Gäste erfährt.

Justina Maiworm,

Hospiz Kieler Förde

KN 29.01.2025